Candidate Experience, Active Sourcing und KI: Wie die Digitalisierung das Recruiting verändert
Die Corona-Pandemie hat die Situation auf dem Bewerbermarkt noch einmal befeuert. Die zunehmende Wechselbereitschaft, veränderte Bedürfnisse und neue Technologien erfordern ein Umdenken von Arbeitgebern. Wie erfolgreiches Recruiting heutzutage aussieht, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf das Recruiting hat und was in Zukunft für Bewerber*innen und Recruiter wichtig wird, haben wir bei ISM-Absolventin Friederike Sieber nachgefragt. Als HR Specialist Global Recruiting ist sie nach ihrem Master-Studium in Psychology & Management für die strategische Weiterentwicklung des Recruitings bei Vaillant zuständig und setzt sich in ihrer täglichen Arbeit mit dem Ausbau von Bewerbermanagement-Systemen und -Prozessen auseinander.
Friederike, wie funktioniert erfolgreiches Recruiting in der heutigen Zeit?
Modernes Recruiting in der heutigen Zeit ist aus meiner Sicht geprägt von der Candidate Experience. An erster Stelle steht hier die Schnelligkeit des Prozesses, vor allem in der Rückmeldung der Unternehmen an die Kandidaten und Kandidatinnen. Lange Rückmeldungszeiten bewahrheiten sich als größter Wettbewerbsnachteil im Kampf um die Talente. Die angespannte Lage auf dem Bewerbermarkt kehrt die Bewerbung um. Recruiting kann heute als „umgekehrte Bewerbung“ betrachtet werden. Kandidaten bewerben sich nicht mehr bei Unternehmen, sondern die Unternehmen bei den Kandidaten. Active Sourcing entwickelt sich zur Königsdisziplin der Recruiter. Aus diesem Grund sollte im gesamten Prozess die Candidate Experience an erster Stelle stehen. Eine sehr attraktive Darstellung des Unternehmens, Benefits, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Kandidaten, geringe Barrieren in Bezug auf die Einfachheit der Bewerbungsmöglichkeit, stellen hier nur die Basis für erfolgreiches Recruiting dar. Unternehmen müssen akzeptieren, dass sie heute die Bewerber am Tisch sind.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf das Recruiting von Vaillant ausgewirkt?
Die Corona-Pandemie hat anfänglich großen Einfluss auf das Recruiting gehabt. Anfangs stellten wir bei den Kandidaten einen Rückgang in der Wechselbereitschaft fest. Die Zeiten waren ungewiss und Angestellte mit derzeit sicheren Jobs waren nicht bereit, ihre Sicherheit aufzugeben, auch wenn sie eigentlich den Wunsch nach Veränderung hatten. Allerdings legte sich dieses Phänomen schnell wieder. Die Vaillant Group hat sich besonders in der Pandemie als sehr sicheres und stabiles Unternehmen gezeigt, welches großen Wert auf die Mitarbeiterzufriedenheit und Wertschätzung legt. Seit einigen Jahren folgt ein Rekordjahr auf das andere in Bezug auf den Unternehmenserfolg. So wurde die Vaillant Group als Employer of Choice sogar eher gestärkt in diesen unsicheren Zeiten.
Die größte Veränderung war allerdings die Umstellung auf voll virtuelle Recruiting-Prozesse. Interviews wurden in der Vergangenheit vor Ort geführt. Zwar gab es schon mal ein Videointerview vorab, weitergeführt wurde der Prozess aber fast ausschließlich mit Face-to-Face-Interviews in unserer Zentrale. Die Umstellung bedeutete neben vielen Learnings vor allem ein Umdenken und einen Kulturwandel. Heute können wir uns einen reinen Face-to-Face-Prozess gar nicht mehr vorstellen. Erste Kennenlernen finden bei uns heute virtuell statt. Ein zweites Interview vor Ort.
Dies spart nicht nur Zeit und Aufwand für das Unternehmen, sondern besonders für unsere Bewerber*innen. Die sind dankbar für die Möglichkeit, das Unternehmen im ersten Schritt per Video kennenzulernen. So können sie sich sicher sein, dass die Vaillant Group zu ihnen passt und sich weiterer Aufwand lohnt. Hybride Recruiting-Prozesse sind die neue Normalität. Ein weiteres großes Anliegen der Vaillant Group ist unsere Co2-Neutralität. Auch hier versuchen wir mit unserem hybriden Recruiting-Prozess, Autofahrten und Dienstreisen stark zu reduzieren und somit unseren Beitrag zum Gesamtkonzept der Vaillant Group zu leisten.
Was wird sich deiner Meinung nach in den nächsten Jahren für Recruiter und Bewerber*innen verändern?
Bei Vaillant findet der Einsatz von KI im Recruiting bisher keine Anwendung. Wir nehmen uns persönlich für jeden Bewerber Zeit. Jede Bewerbung wird durch einen Recruiter gesichtet und auch jedes Gespräch findet persönlich statt. Ich denke aber, dass gerade Recruiter von großen Konzernen immer mehr Unterstützung von automatisierten Prozessen und KI erhalten werden. Dies wird das gesamte Recruiting wieder etwas anonymer gestalten. Für den Bewerber wie auch für den Recruiter. Außerdem wird Active Sourcing eine unverzichtbare Kompetenz im Recruiter-Profil.
Bewerber werden weiterhin die Vorzüge des Bewerbermarktes genießen und werden zukünftig vermutlich mehr aktiv angesprochen, als dass sie sich selbst bewerben und umschauen. Active Sourcing erfordert die geeignete Gestaltung von Bewerbungsunterlagen. Maschinenlesbarkeit durch zum Beispiel Verschlagwortung sollte demnach bei der Erstellung eines Lebenslaufs oder eines LinkedIn-Profils zukünftig berücksichtigt werden. LinkedIn-Profile und die allgemeine Sichtbarkeit in Netzwerken werden eine große Rolle spielen.
Tipps von der Recruiterin
- Stelle nach wie vor professionelle Bewerbungsunterlagen zur Verfügung
- Arbeite mit Verschlagwortung bei der Erstellung deiner Unterlagen
- Pflege dein LinkedIn Profil
- Identifiziere dich mit dem Unternehmen
- Sei du selbst und bleibe authentisch
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Bilder: LinkedIn Sales Solutions (Unsplash), privatVera Schulte
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