Integrierte Intelligenz: Was wir vom FC Liverpool lernen können
Fußball und Künstliche Intelligenz - diese Kombination ist gar nicht so ungewöhnlich wie sie erst einmal klingt. Fußballvereine nutzen KI etwa, um zu ermitteln, welche Spieler gut in das bestehende Team passen würden und um die Spielzüge der gegnerischen Mannschaft zu analysieren. Für den sportlichen Erfolg ist dies aber nicht ausreichend, sagt Ulrich Lichtenthaler, Professor für Management und Entrepreneurship an der International School of Management. Wie Daten mit menschlicher Intelligenz kombiniert werden sollten und warum der FC Liverpool und Jürgen Klopp das perfekte Beispiel hierfür sind, erklärt der Experte im Interview.
Sie haben sich mit Datenanalyse im Sport beschäftigt. Warum ist der FC Liverpool hier besonders interessant?
Der Einsatz von detaillierten Datenanalysen und auch Künstlicher Intelligenz ist im Fußball seit längerem ein wichtiges Thema. Der FC Liverpool war einer der Vorreiter in diesem Bereich und nutzt seit mehr als zehn Jahren Datenanalysen, um Spielzüge und die Leistungen der Spieler möglichst genau auszuwerten. Mit dem Start von Jürgen Klopp als Trainer begann dann eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte des Vereins bis zum Gewinn der Champions League in 2019 sowie dem Gewinn der britischen Premier League in 2020. Das Interessante dabei ist, dass Jürgen Klopp selbst nicht für Arbeit mit Datenanalytik bekannt ist, sondern ganz im Gegenteil besonders für seinen emotionalen und empathischen Führungsstil.
Man hätte sich also beim Start von Jürgen Klopp denken können – da prallen zwei Welten aufeinander und letztendlich wird sich einer der beiden Führungsstile durchsetzen?
Ja, das hätte man durchaus denken können. Tatsächlich war aber genau das Gegenteil der Fall. Beide Aspekte haben sich ideal ergänzt. Insofern ist auch der erneute Erfolg von Liverpool in den letzten Jahren nicht zuletzt auf dieses Zusammenspiel aus künstlicher und menschlicher Intelligenz, also die Integrierte Intelligenz, zurückzuführen. Natürlich war dies nur durch die Bereitschaft von Klopp und Liverpool‘s Data Analytics Team zur Zusammenarbeit möglich. Beide Parteien waren offen genug, um die Stärken der anderen Seite zu nutzen, aber hatten auch die Fähigkeit, ihr eigenes Wissen zu übertragen und nutzbar zu machen.
Wo konnte man den Erfolg dieses Managementstils beobachten?
Ein wichtiger Bereich ist etwa der Einkauf neuer Spieler. Die bisherige sportliche Leistung potenzieller Neuzugänge wird umfassend analysiert, gleichzeitig bleibt aber Klopps persönliche Einschätzung zu ihrer Persönlichkeit und der Teamdynamik zentral. So konnte der Club einige Spieler unter Vertrag nehmen, die Schlüsselrollen in den folgenden erfolgreichen Spielzeiten einnahmen. Gleichzeitig konnte mit diesem Ansatz auch auf die Spieler in der Mannschaft eingegangen werden: Der Marktwert vieler Spieler erhöhte sich stark, nachdem sie zu Liverpool gewechselt waren. Zusätzlich wurde die Kombination aus künstlicher und emotionaler Intelligenz auch in der Vorbereitung der Spieltaktik angewandt.
In welchen Wirtschaftssektoren wäre ein solcher Einsatz von Integrierter Intelligenz noch vorstellbar?
Im Prinzip überall. Wir sehen aktuell in vielen Bereichen den Einsatz von KI. Oft werden solche intelligenten Datenanalysen aber nur für relativ kleine Änderungen verwendet, bestehende Abläufe werden dadurch etwas effizienter und günstiger. Da diese Anwendungen aber nach einiger Zeit zum Standard werden, ergibt sich hierdurch kein nennenswerter Wettbewerbsvorteil. Eigentlich müssten sich Unternehmen also fragen: Wie können wir KI nutzen, um etwas fundamental anders zu machen, also um ganz neue Lösungen zu finden und neue Geschäftsfelder aufzutun? Und hier kann menschliche Intelligenz die entscheidende Ergänzung zu Künstlicher Intelligenz sein. Gerade wenn bestimmte KI-Anwendungen immer breiter genutzt werden, kann die Kombination mit ganz individuellen menschlichen Eigenschaften und den bisherigen Kernkompetenzen ein großer Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sein.
Wäre dies auch für kleine Unternehmen umsetzbar?
Natürlich gibt es Grenzen, wenn das Unternehmen nur aus einigen wenigen Mitarbeitenden besteht. Aber der Einsatz von Integrierter Intelligenz ist auch für kleine und mittelständische Unternehmen interessant. Ich kenne etwa den Fall eines kleinen Unternehmens, das Brennholz an private Haushalte liefert. Die Belieferung von Betrieben war für sie zunächst nicht möglich, da das Holz hierfür auf eine bestimmte Art sortiert und gestapelt werden muss. Mit dem Einsatz von Robotern, die diese Arbeit mithilfe von KI übernehmen und so die Tätigkeiten der Mitarbeitenden ergänzen, hat sich das Unternehmen eine ganze neue Kundengruppe erschlossen. Das Anwendungsfeld ist also auf jeden Fall sehr breit und einige spannende Möglichkeiten hierfür kann man meist bereits in einem ersten Workshop identifizieren.
Prof. Dr. Ulrich Lichtenthaler ist Professor für Management und Entrepreneurship an der International School of Management (ISM) in Köln und einer der Leiter des Entrepreneurship Institute @ ISM. Er hat im Bereich des Technologiemanagements promoviert und als Top Management Berater bereits über 20 Projekte zu digitaler Transformation, Innovation, Nachhaltigkeit und künstlicher Intelligenz erfolgreich abgeschlossen. Prof. Dr. Lichtenthaler wird regelmäßig als Executive Coach, freiberuflicher Berater und Keynote Speaker gebucht. Er hat mehrere Bücher und Artikel veröffentlicht, darunter sein aktuelles Buch im Campus Verlag ‚Integrierte Intelligenz: Wettbewerbsvorteile erzielen durch die Kombination menschlicher und künstlicher Intelligenz‘.
Bilder: Jannes Glas (Unsplash), Tembela Bohle (Pexels), privat
Lara Tautz
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